Wer waren Dante und Vergil wirklich?

(Tabitha-Lee)

Angeregt durch die Diskussion, für wen man stärkere Sympathie empfindet, für Vergil oder für Dante habe ich im Internet recherchiert, wer die beiden im wirklichen Leben waren. Da beide zu einem völlig unterschiedlichen Zeitpunkt gelebt haben, wollte ich wissen, wieso Capcom aus ihnen Zwillinge gemacht hat.

Nun, die Antwort ist denkbar einfach: Die Göttliche Kommödie von Dante Alighieri enthält sie. Aber jetzt mal kurz der Reihe nach:

Im wahren Leben sind Vergil und Dante zwei große Dichter Italiens. Vergil lebte über 1.200 Jahre früher als Dante.

Wahnsinn, oder? Kann man sich gar nicht vorstellen. Anders ausgedrückt: dieser Dichter und seine Dichtung beschäftigen uns bis heute, also die Menschheit, schon ÜBER 2.000 Jahre. So mancher sogenannter erfolgreicher Kionfilm übersteht nicht mal ein Jahr, dann ist er aus den Köpfen der Leute wieder verschwunden. Oder anders ausgedrückt: wer kennt heute noch die Filme mit Buster Keaton? Meilensteine des Stummfilms mit einem begnadeten Komiker. Ich glaube ich habe noch keinen einzigen Buster Keaton Film gesehen. Anders Vergil. Seine Dichtung lebt bis heute und damit auch seine Persönlichkeit.


Publius Vergilius Maro kurz: Vergil, * 15.10.70 v. Chr. † 19 v. Chr.

Er wurde am 15. Oktober 70 v. Chr in der Nähe des Flusses Po in der Nähe von Mantua auf dem Lande geboren. Der Name Vergilius leitet sich von dem Baumreis (lat. virga) ab. Da seine Eltern begütert waren, liessen sie Vergil eine großartige Ausbildung als Redner und Rechtsgelehrten zukommen, was damals für einfache Leute nicht selbstverständlich war. Vergil lernte dabei viel über die alten Griechen.

Maßgeblich beeinflußt hat ihn Homer. Die beiden Werke Homers Illias (Troja) und Odyssea sollten für Vergil der Schlüssel zu Ruhm nach seinem Tod werden. In der Illias beschreibt Homer den Untergang Trojas, während in der Odysseea von Homer die Irrfahrten des Odysseus beschrieben werden.

Vergil, der eigentlich wir würden heute sagen Rechtsanwalt war, scheiterte jedoch als Anwalt und wurde statt dessen Dichter. Die Eklogen schrieb Vergil 42-39 v.Chr. Sie begründeten Vergils Erfolg zu seinen Lebzeiten. Und man feierte Vergil als DEN römischen Dichter (Julius Cäsar war 44 v. Chr. ermordet worden, also noch bevor Vergil die Eklogen veröffentlicht hatte.)

Dadurch, das er so berühmt wurde, lernte er viele Leute kennen, ganz besonders zu erwähnen ist hier ein Mann namens Maecenas. Das ist der Mann, von dem der Begriff "Mäzen" herrührt. Maecenas trifft im Jahre 39 v. Chr. auf Vergil und fördert ihn. Von Oktavian wird er zum Ritter geschlagen.

Vergil bleibt trotz seines Ruhmes ein Mann, der abgeschieden auf dem Lande lebt und nie heiratet. 29 v. Chr beginnt Vergil an der Arbeit zu seinem berühmtesten Werk: Das ist die Aeneis. Und die Aeneis wiederum ist nichts anderes, als sozusagen die Neuerzählung der beiden großen Werke Homers Illias und Odyssea. Sie werden allerdings von einem einzigen Mann erlebt und das ist Aeneis.

Die Kapitel 1 – 6 sind eine Umsetzung des Stoffes aus der Odyssea und die Kapitel 7 – 12 beschreiben einen Krieg mit den Trojanern.

Das Ziel, das Aeneis verfolgt, ist Rom zu gründen, jedoch muss Aeneis bis zu diesem Ziel viele Prüfungen bestehen.

Was mich an Devil may cry erinnert sind 2 Dinge:

1. Unter Sibylles Führung macht Aeneis sich auf den Weg durch das Totenreich und die Unterwelt. Hier begegnet er u. a. Cerberus.
2. Im 8. Buch der Aeneis bittet Venus, die Mutter des Aeneis, den Schmiedegott Vulcan, für ihren Sohn Waffen zu fertigen.

Vergil arbeitete 10 Jahre an diesem Werk. Um dieses in angemessener Umgebung zu vollenden reist er 19 v. Chr. in den Osten. Hier trifft er auf Augustus, der ihn zur gemeinsamen Heimreise überredet. Auf dem Weg nach Hause erkrankt Vergil an hohem Fieber. Zunächst will er die Aeneis vernichten, dann aber untersagt er im Testament deren Veröffentlichung. Vergil stirbt darufhin. Cäsar Augustus, der als Miterbe eingesetzt ist, spricht ein Machtwort und beauftragt den Dichterfreund Varus Rufus mit der Herausgabe des Werkes und so wird 18 v.Chr. das 12-büchige Werk veröffentlicht.


Büste von Vergil



(man beachte die Frisur)


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DANTE ALIGHIERI, * Mai 1265 in Florenz, † 14.9. 1321

Dante wird in eine völlig andere Welt hineingeboren, als Vergil. Die westliche Welt ist christianisiert, was eine bedeutende Rolle spielt. Es ist die Zeit der Kreuzzüge und der Inquisition. Dantes Eltern sind nicht sehr begütert, aber angesehen. Dantes Ahnherr Cacciaguida hat sich vermutlich im Kampf gegen die Sarazenen verdient gemacht und wurde daher von Kaiser Konrad dem III. in den Ritterstand gehoben. (1291 fiel die letzte Bastion Jerusalems an die Sarazenen).

Dante verlor als 10jähriger seine Mutter, sein Vater starb, als Dante 19 Jahre alt war. Gemäß Dantes eignem Bekunden war das bedeutsamste Ereignis seiner Jugend die Begegnung mit einem Mädchen namens Beatrice im Jahre 1274. Beatrice war die Tochter des Adligen Portinari und stirbt im Alter von nur 24 Jahren. Sie ist die große Liebe von Dante und hat sein Schaffen über ihren Tod hinaus maßgeblich beeinflußt.

Dante ist ein zutiefst politischer Mensch. Er ist zeitlebens in diplomatischen Missionen unterwegs. Seine politische Vorstellung von der Welt würde ich als aufgeklärt beschreiben. Dazu muss man folgendes kurz erklären: in Dantes Zeit steht das Papsttum ÜBER dem Kaisertum. D. h. der Papst krönte einen Kaiser und setze ihn auch wieder ab, wenn er ihm nicht paßte. Aber zu Dantes Lebszeiten fand ein Wandel im Weltbild statt. Viele befürworteten eine Trennung von Kirche und Staat. Man nannte diese papsttreuen: GUELFEN. Sie wurden auch DIE SCHWARZEN genannt.

Diejenigen, die die Trennung von Kirche und Staat wollten, nannte man GHIBELLINEN, oder: DIE WEISSEN.

Was nun Dante macht, ist ein für ihn folgenschwerer Entschluß gewesen: er steht zunächst auf der Seite der SCHWARZEN und heiratet auch eine Frau, Gemna Donati, deren Familie zu den Schwarzen zählt. (Mit ihr hat er 2 Söhne). Noch als Student bekämpft er die Weissen, also die Ghibellinen, die die Trennung von Kirche und Staat wollen. Später, als erwachsener Mann und Familienvater wechselt er das Lager und wird selbst Ghibelline. Daraufhin wird er aus Florenz vertrieben. Es droht ihm die Enthauptung, sollte er jemals wieder einen Fuß nach Florenz setzen. Dieses Urteil bewirkt eine fast lebenslang dauernde Wanderschaft von Dante und seiner Familie.

Das interessante ist, dass einer der Söhne Dantes nach Dantes Tod in der Toskana ein Weingut kauft. Es ist heute noch von Dantes Nachfahren bewirtschaftet und man kann da sogar übernachten (ist teilweise ein Hotel).
Zitat:
Der Dichter Dante Alighieri verbrachte während seines Exils aus Florenz einige Jahre in Verona als Gast der Adelsfamilie Scaligeri. Sein Sohn Pietro wollte sich in dieser wundervollen Gegend niederlassen und erwarb gegen Mitte des 14., Jahrhunderts ein Landgut in Gargagnago di Valpolicella.
Dieses zauberhafte Anwesen blieb während sechs Jahrhunderten und zwanzig Generationen Eigentum von Dantes Nachkommen. – Der heutige Besitzer, Graf Pieralvise di Serègo Alighieri, renovierte die Gebäude sanft und stilgetreu und richtete Gästehäuser ein.
«La Foresteria», eine herrliche Landresidenz, umfasst acht möblierte Appartements, Konferenzsäle für Tagungen und Seminarien, einen Degustationsraum sowie eine funktionell eingerichtete Küche. – In einer naturnahen, ruhigen Umgebung und ländlichen Atmosphäre finden Sie Erholung und Ausgleich.
(Auszug aus der entspr. Internetseite).


Büste von Dante

(Frisur? Welche Frisur?)


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Letztendlich hinderte dieses turbulente Leben Dante nicht daran, ein Werk zu schreiben, das bis heute sehr berühmt ist: Die göttliche Kommödie. In diesem Werk beschreibt Dante seine eigene Wanderung durch die Hölle (l'inferno), das Fegefeuer (Il purgatorio) und das Paradies (Il paradiso), die wie er selbst schreibt: "schrecklich beginnt und glücklich endet."

In diesem Werk laufen die Fäden zusammen. Dante schreibt wie folgt:

Göttl. Kommödie

Zitat:
1. Auf halbem Weg des Menschenlebens fand
ich mich in einen finstern Wald verschlagen,
Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt.
2. Wie schwer ist’s doch, von diesem Wald zu sagen,
Wie wild, rauh, dicht er war, voll Angst und Not;
Schon der Gedank’ erneuert noch mein Zagen.
3. Nur wenig bitterer ist selbst der Tod;
Doch um vom Heil, das ich drin fand, zu künden,
Sag’ ich, was sonst sich dort den Blicken bot.


... Nun wandert er also durch die Nacht, bis zum Morgengrauen. Er wird dabei von einem Tier gejagt, vor dem ihm graut und das ihn daran hindert, diesem Wald zu enfliehen. Und jetzt trifft er auf einen Schatten und spricht ihn an.


Zitat:
Ich rief, sobald ich’s nur gewahren können
In großer Wildnis: "O erbarme dich,
Du, seist du Schatten, seist du Mensch zu nennen."
23. Und jener sprach: "Nicht bin, doch Mensch war ich;
Lombarden waren die, so mich erzeugten,
Und beide priesen Mantuaner sich.
24. Eh’, spät, die Römer sich dem Julius beugten,
Sah ich das Licht, sah des Augustus Thron,
Zur Zeit der Götter, jener Trugerzeugten.
25. Ich war Poet und sang Anchises’ Sohn,
Der Troja floh, besiegt durch Feindestücke,
Als, einst so stolz, in Staub sank Ilion.



Der "Schatten" erklärt Dante, dass er vieles zu leiden hätte. Er bietet sich als Führer an:


Zitat:
31. "Du mußt auf einem andern Wege fort,"
Sprach er zu mir, den ganz der Schmerz bezwungen,
"Willst du entfliehn aus diesem wilden Ort,
32. Denn dieses Tier, das dich mit Graun durchdrungen,
Läßt keinen zieh’n auf seines Weges Spur,
Hemmt jeden, bis es endlich ihn verschlungen.
33. Es ist von böser, tückischer Natur

[...]

38. Du folg’ itzt mir zu deinem Heil – mein Denken
Und Urteil ist’s – ich will dein Führer sein,
Und dich durch ew’gen Ort von hinnen lenken.



Er sagt Dante, dass am Ende dieser Reise der Göttliche zu erreichen wäre. Und klärt ihn gleichzeitig auf, dass er nicht der Führer ins Paradies sein kann, sondern "Sie" nämlich Beatice, die große Liebe Dantes:


Zitat:
..... Und willst du auch zu diesem dann empor,
Würd’ger als ich, wird eine Seel’ erscheinen,
Die geht, schied ich, als Führerin dir vor.
42. Denn jener, der dort oben herrscht, läßt keinen
Eingehn, von mir geführt, in seine Stadt,
Weil ich mich nicht verbunden mit den Seinen.
43. Er herrscht im All, dort ist die Herrscherstatt,
Sein Thron und seine Burg in jener Höhe.
Heil dem, den er erwählt dort oben hat"



Hier ist Dantes Antwort auf das Angebot als Führer:


Zitat:
44. "O Dichter," Sprach ich jetzt zu ihm, "ich flehe
Bei jenem Gotte, den du nicht erkannt,
Daß diesem Leid und schlimmerm ich entgehe,
45. Bring’ an die Orte mich, die du genannt,
So, daß ich Petri Tor erschauen möge
Und jene, wie du sprachst, zur Qual verbannt."
46. Da schritt er fort, ich folgte seinem Wege



Und so kommt es denn, dass VERGIL der Führer Dantes durch zwei Welten wird: durch die Hölle und durch das läuternde Fegefeuer. Im Paradies führt ihn Beatrice.

So ist doch die Frage nicht: wer ist besser und wer ist schlechter. Vergil und Dante gehören zusammen und Dante hat Vergil zeitlebens verehrt, auch wenn Vergil, wie Dante sagt, den Göttlichen nicht erkannte. Jetzt ist es nur noch spannend, was Capcom in Teil 4 von DMC daraus macht.

- Tabitha-Lee
 

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